Forumsarchiv

Forum Übersicht  
Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 239 mal aufgerufen
 Allgemeine Erfahrungen
peggy sue
Mitglied
Beiträge: 29

18.08.2006 18:58
Lockvogelwerbung -rechtskräftiges Urteil- antworten
Lockvogelwerbung, vorhergehende Bestellung nach dem HWiG

Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. April 1998 - Az. 8 U 120/97 - veröffentlicht in der Zeitschrift "Verbraucher und Recht" 1998, S. 349ff.

1. Dafür, daß von dem Kunden ein Mitarbeiterbesuch zunächst lediglich zu Informationszwecken gewünscht wurde, spricht es, wenn zwischen dem Kunden und dem Partnervermittler vor dem Vertragsabschluß keine Geschäftsbeziehungen bestanden und der Kunde auf dem Gebiet der gewerblichen Partnervemlittlung unerfahren und daher in besonderem Maße aufklärungsbedürftig war.

2. Das Informations- und Aufklärungsbedürfnis des Kunden wird durch Zeitungsinserate noch verstärkt, wenn dort lediglich auf einen bestimmten Partnersuchenden hingewiesen und die vorgesehene tatsächliche vertragliche Gestaltung mit der Folge einer für den Kunden erheblichen wirtschaftlichen Belastung nicht aufgezeigt wird.

Kommentar: Gemäß dem HWiG kann ein Partnervermittlungsvertrag, der in der Privatwohnung des Kunden geschossen wurde, innerhalb von zwei Wochen widerrufen werden, es sei denn, der Kunde hat den Vermittler bereits zum Vertragsschluß in seine Wohnung gebeten. In diesem Fall hätte der Kunde nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG kein Widerrufsrecht. Der Vermittler hat allerdings nachzuweisen, dass der Besuch nicht zu Informationszwecken, sondern unmittelbar zum Vertragsschuß vereinbart wurde.

Text des Urteils (Auszug)







Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. April 1998

Az. 8 U 120/97







Aus dem Tatbestand:

Die Beklagte betreibt eine gewerbliche Vermittlung von Partneradressen, zu deren Zweck sie in Tageszeitungen Kontaktanzeigen veröffentlichen läßt. Aufgrund einer in der Rheinischen Post vom 22. Juni 1996 geschalteten Anzeige, in der ein partnersuchender Herr vorgestellt wurde, wandte sich die 76 jährige Klägerin schriftlich an die Beklagte. Daraufhin meldete sich am 26. Juni 1996 telefonisch eine Mitarbeiterin der Beklagten bei der Klägerin und kündigte den Besuch eines ihrer Kollegen an. Der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig. Am 27. Juni 1996 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin in ihrer Wohnung auf. Dabei kam es zum Abschluß eines schriftlichen Vertrages, wonach die Klägerin die Beklagte mit der Erstellung eines sogenannten individuellen Partnerdepots mit 10 Anschriften beauftragt. Das zu entrichtende Entgelt von 11.270 DM bezahlte die Klägerin sogleich in bar. Eine Belehrung über eine Widerrufsmöglichkeit des Vertrages erfolgte nicht.

Mit Schreiben vorn 28. Juni 1996 und 2. Juli 1996 widerrief die Klägerin den am Vortag geschlossenen Vertrag unter Hinweis auf die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes (HWiG) und verlangte - vergeblich - die Rückzahlung des entrichteten Geldes.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe nicht gewußt, daß hinter der Anzeige eine gewerbliche Partnerschaftsvermittlung stehe. Darauf sei sie in dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten nicht hingewiesen worden. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe nach der Erfragung einiger persönlicher Dinge lediglich erklärt, sie schicke »Herrn S.« vorbei, von dem sie, die Klägerin, geglaubt habe, daß es sich um den in der Anzeige beschriebenen Herrn handele. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zum Widerruf des Vertrages berechtigt zu sein, weil von ihrer Seite keine vorherige Bestellung erfolgt sei. (...)



Aus den Entscheidungsgründen:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht in vollem Umfang stattgegeben.

1. Die Beklagte ist gemäß § 3 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften (HWiG) zur Rückgewähr des Betrages von 11.270,-- DM verpflichtet, weil die Klägerin mit ihrem Schreiben vorn 28. Juni 1996 den am Tage zuvor erteilten entgeltlichen Auftrag zur Erstellung eines Partnerdepots wirksam widerrufen hat. Das Widerrufsrecht stand der Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG zu. Danach kann der Kunde eine auf den Abschluß eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung widerrufen, wenn er - wovon vorliegend auszugehen ist - durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist.

2 Das Widerrufsrecht der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG ausgeschlossen. Nach dieser wegen ihres Aunahmecharakters ohnehin restriktiv anzuwendenden Vorschrift besteht ein Widerrufsrecht nur dann nicht, wenn die Verhandlungen aufgrund einer vorhergehenden Bestellung des Kunden in dessen Wohnung geführt worden sind. Eine solche in rechtlicher Hinsicht beachtenswerte Bestellung der Klägerin, die den Wegfall des durch das Haustürwiderrufsgesetz geschaffenen Verbraucherschutz rechtfertigen könnte, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht verneint.

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat die tatsächlichen Voraussetzungen einer Bestellung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG nicht aufgezeigt. Eine Bestellung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn der Kunde den anderen Vertragspartner ausdrücklich auffordert, zum Zwecke des Führens von Vertragsverhandlungen über einen konkret bestimmten Gegenstand in seine Privatwohnung zu kommen (Fischer/Machunsky, Kommentar zum Haustürwiderrufsgesetz, 2. Aufl. Rn. 206, 208) Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn der Kunde den Hausbesuch zunächst zu Informationszwecken wünscht; in diesem Fall behält er sein Widerrufsrecht (BGH NJW 1990, 181, 183; Fischer/Machunsky a.a.O., Rn. 210). Daß die Klägerin bei dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten ausdrücklich um einen Besuch zum Zwecke des Führens von Verhandlungen über einen bereits in Aussicht genommenen Vertrag gebeten hat, geht aus der Darstellung der Beklagten nicht hervor. Ein solches Ansinnen ergibt sich insbesondere auch nicht aus einem Einverständnis der Klägerin mit dem ihr telefonisch angekündigten Mitarbeiterbesuch.

Nicht auszuschließen und sogar naheliegend er scheint es vielmehr, daß die Klägerin - sieht man einmal von ihrer Einlassung ab, wonach sie an den Hausbesuch des in dem Inserat beschriebenen Herrn geglaubt habe - einen Mitarbeiterbesuch zunächst lediglich zu Informationszwecken gewünscht hat. Dafür spricht, daß zwischen den Parteien vor dem Vertragsabschluß keine Geschäftsbeziehungen bestanden und die auf dem Gebiet der gewerblichen Partnervermittlung unerfahrene Klägerin in besonderem Maße aufklärungsbedürftig war (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 506). Dieses Informations- und Aufklärungsbedürfnis der Klägerin wurde durch die Fassung des Zeitungsinserates vom 22. Juni 1996 noch verstärkt, weil dort lediglich auf einen bestimmten partnersuchenden Herrn hingewiesen und die vorgesehene tatsächliche vertragliche Gestaltung mit der Folge einer für die Klägerin erheblichen wirtschaftlichen Belastung nicht aufgezeigt wurde. Das danach gegebene Inforrnationsbedürfnis der Klägerin konnte auch nicht ausreichend durch das am 26. Juni 1996 geführte Telefonat befriedigt werden. Selbst wenn die Klägerin zuvor eine Kontaktaufnahme durch die Beklagte wünschte, konnte sich nicht mit einem unangemeldeten Telefonanruf rechnen, der insbesondere längere Überlegungen, wie sich bei einer schriftlichen Vorstellung möglich sind, ausschließt. Dem Telefonat der Beklagten kam daher ein Überrumpelungscharakter zu, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz den Kunden gerade schützen will. ...)

3. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 3 Abs, 1 Satz 1 HWiG, wonach im Falle des Widerrufs jeder Teil verpflichtet ist, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für die Beklagte bedeutet dies, daß sie die erhaltene Zahlung von 11.270 DM an die Klägerin zurückzuerstatten hat. Ein Anspruch der Beklagten auf Bezahlung bereits erbrachter Leistungen besteht demgegenüber nicht. Nach § 3 Abs. 3 HWiG kommt zwar im Falle des Widerrufs ein entsprechender Vergütungsanspruch in Betracht. Dies gilt allerdings nur für Leistungen, die bis zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs getätigt worden sind, wovon hier nicht auszugehen ist. Unstreitig erfolgte der Widerruf der Klägerin bereits mit Schreiben vom 28. Juni 1996, so daß - bei üblicher Postlaufzeit - von einem Zugang bei der Beklagten am 29. Juni 1996 (Samstag) oder am 1. Juli 1996 (Montag) auszugehen ist. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht behauptet. Unter diesen Umständen besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die nach der bisherigen Darstellung der Beklagten am 1. Juli 1996 erstmals erbrachten Leistungen durch zwei Partnervorschläge vor dem Widerruf durch die Klägerin erfolgt sind. Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26. März 1998 behauptet, der Klägerin seien bereits am 27. Juni 1996 sämtliche zehn Partnervorschläge übermittelt worden, bedarf es nicht des erneuten Eintritts in die mündliche Verhandlung. Dieses verspätete Vorbringen ist aufgrund seiner Abstraktheit - es wird weder vorgetragen, um welche Partnervorschläge es sich gehandelt haben soll noch wird die Art der Übermittlung dargestellt - sowie seiner unerklärten Widersprüchlichkeit sowohl zu dem erstinstanzlichen Vortrag als auch dem bisherigen Berufungsvorbringen als unsubstantiiert zu bewerten. Die Beklagte hat bislang nämlich ausdrücklich vorgetragen, der Klägerin (lediglich) am 1. Juli 1996 die beiden ersten Partnerschaftsvorschläge zur Verfügung gestellt zu haben. Dabei soll es sich um die Herren B. und P. gehandelt haben ( ).


--------------------------------------------------------------------------------

veröffentlicht in der Zeitschrift "Verbraucher und Recht" 1998, S. 349ff.
tulua
Mitglied
Beiträge: 102

18.08.2006 22:34
RE: Lockvogelwerbung -rechtskräftiges Urteil- antworten

Mich würde einmal interessieren, welche Vermittlung das im Urteil zitierte Inserat am 22.06.1996 aufgegeben hat. Sollte sich eigentlich ermitteln lassen.
M.f.G.
tulua

nona

Beiträge: 1

22.08.2006 17:52
RE: Lockvogelwerbung -rechtskräftiges Urteil- antworten
Schönen Tag wünsche ich und darf mich als "Neue" vorstellen.

Ich musste schmunzeln, als ich dies über Lockvogel-Werbung im goggle gefunden habe. Es hat sich nichts geändert in der Branche. Aber eines war schon vor Jahren so...Lockvögel in der Werbung von Partnervermittlern. Selbst bin ich vor Jahren bei einem Institut Royal in Frankfurt auf folgende Anzeige reingefallen.

Stararchitekt, 42 Jahre jung, 189cm groß und sehr sportlich. Er bewohnt eine Jugendstilvilla in der allerbesten Gegend oder ist in den besten Hotels zu Hause. Jedes Frauenherz fängt an zu rasen, wenn dieser Mann auftaucht. Auf dem Bodensee liegt seine Luxusyacht, sein Jagtschloß ist im Salzkammergut. Ihr Glück ist dicht bei Ihnen, rufen Sie schnell an, damit Sie dieser Mann mit seinem Mercedes 450SLC oder seinem Range-Rover abholen kann....

Ob mich dieser Mann mit seinen Luxusschlitten abholte?

Nööö...Drei Herren lernte ich kennen. Kleine Angestellte (166cm) und einen Arbeiter mit einem alten Kleinwagen.

Der Gang zum Richter hat mir aber geholfen. Mit einer Strafanzeige habe ich meinem Anliegen noch etwas Nachdruck vermittelt und meine sauer verdienten 8.000DM zurückbekommen.

Glauben Sie mir bitte eines.

Solche Menschen wie dieser Architekt, wo Optik und einfach alles paßt, gehen zu keinem Heiratsvermittler. Und wenn dies so wäre (was aber garantiert so nicht ist) sucht dieser Mann nicht die kleine Verkäuferin. Die wird nur von unseriösen, betrügerischen Heiratsvermittlern gesucht.

Also immer den Kopf einschalten!

Liebe Grüße an alle hier im Forum
sendet Euch
nona
tulua
Mitglied
Beiträge: 102

22.08.2006 18:28
RE: Lockvogelwerbung -rechtskräftiges Urteil- antworten

Dies könnte eine Anzeige einer Lindauer PV sein....
M.f.G.
tulua

Graf Zeppelin
Moderator
Beiträge: 66

22.08.2006 21:25
RE: Lockvogelwerbung -rechtskräftiges Urteil- antworten
Verehrte User,

über das Thema „Werbung mit Lockvögeln“ sind auf unseren Seiten zahlreiche Beiträge zu lesen. Unzählige Mails zu diesem brisanten Thema haben uns auch erreicht.

Eine Empfehlung von uns Fachleuten:

Wenn Sie Ihren Fokus auf bestimmte Personen ausgerichtet haben, die eine PV in der Werbung -gleich ob auf den Web-Seiten oder in den Printmedien- dargestellt hat, dann bestehen Sie darauf, dass das Kennenlernen genau dieser Personen zum Bestandteil des zwischen Ihnen und der PV geschlossen Vertrages wird. Halten Sie schriftlich fest, wenn diese Personen nicht mit Ihnen in Kontakt treten, wird die Rückzahlung Ihrer bisher geleisteten Zahlung fällig.
Weitere Tipps erhalten Sie von uns kostenlos. Bitte nehmen Sie mit uns (E-Mail) Kontakt auf.

Bitte melden Sie sich ab sofort auf unseren neuen Seiten an, die noch heute ans Netz gehen.

Der
Graf Zeppelin